Das Thema Hormone im Leitungswasser und ihre potenziellen negativen Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt gewinnt zunehmend an Bedeutung. Im Trinkwasser nachgewiesene Hormone stellen eine Herausforderung dar, die nicht nur technische Lösungen erfordert, sondern auch ein Umdenken im Umgang mit Medikamenten und deren Entsorgung. Dieser Blogartikel beleuchtet die verschiedenen Wege, auf denen Hormone in unser Trinkwasser gelangen, die gesundheitlichen und umweltbezogenen Auswirkungen dieser Verunreinigungen und die Methoden zu ihrer Entfernung. Wir werden auch den wichtigen Unterschied zwischen Hormonen und hormonaktiven Substanzen erörtern und untersuchen, wie man die Existenz von Hormonen im Trinkwasser erkennen kann.
Wie gelangen Hormone in unser Trinkwasser?
Der Weg, auf welchem Hormone in unser Trinkwasser gelangen, beginnt oft im Alltag mit der Einnahme von Medikamenten. Viele der Wirkstoffe in diesen Medikamenten, darunter Hormone wie Östrogene und Androgene, werden nicht vollständig von unserem Körper metabolisiert und verlassen ihn wieder durch die menschliche Ausscheidungen. Diese gelangen dann in unser Abwassersystem. In der Landwirtschaft werden ebenfalls Hormonpräparate eingesetzt, um das Wachstum und die Vermehrung von Nutztieren zu beeinflussen. Diese Hormone können über tierische Ausscheidungen in den Boden und schließlich ins Grundwasser gelangen.
In der pharmazeutischen Industrie entstehen hormonhaltige Abwässer, diese werden in unsere Flüsse und Seen geleitet werden und verteilen sich dort. Kläranlagen, die als große Filter fungieren, sind oft nicht in der Lage, die winzigen Hormonmoleküle komplett zu entfernen.Trotz der gründlichen Reinigungsprozesse in den Klärwerken können die Hormone aufgrund ihrer geringen Größe und komplexen Struktur diese überstehen und so in unser Trinkwasser gelangen.
Welche Hormone wurden im Trinkwasser nachgewiesen?
In den letzten Jahren haben zahlreiche Studien und Untersuchungen die Existenz verschiedener Hormone im Trinkwasser nachgewiesen. Dies hat Bedenken hinsichtlich der Sicherheit und möglicher langfristiger Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt geweckt. Zu den bemerkenswerten Studien gehören das HoWiTri-Projekt in Deutschland, das sich mit der Untersuchung von hormonell wirksamen Stoffen im Trinkwasser befasst, und eine Studie des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2019, bei der synthetische Hormone in verschiedenen Gewässern, darunter auch im Grundwasser, entdeckt wurden. Darüber hinaus ermöglicht der Einsatz der Flüssigchromatographie-Massenspektrometrie (LC-MS) den zuverlässigen Nachweis von hormonellen Schadstoffen.
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Estrone: Ein natürlich vorkommendes Östrogen, das sowohl in menschlichen als auch in tierischen Ausscheidungen gefunden wird.
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Estradiol: Ein weiteres natürlich vorkommendes Östrogen, das für seine Rolle in der weiblichen Fortpflanzung bekannt ist.
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Progesteron: Ein Hormon, das sowohl bei Männern als auch bei Frauen vorkommt und in der Schwangerschaft eine wichtige Rolle spielt.
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Testosteron: Ein androgenes Hormon, das hauptsächlich bei Männern vorkommt und für die männliche Fortpflanzung sowie die sekundären Geschlechtsmerkmale wichtig ist.
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17α-Ethinylestradiol (EE2): Ein synthetisches Östrogen, das in hormonellen Verhütungsmitteln verwendet wird wie der Pille.
Auswirkungen von Hormonen auf die Gesundheit
Hormone im Trinkwasser können verschiedene Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben. Aktuell wird noch intensiv daran geforscht wie diese sich konkret äußern, aber nach dem aktuellen Stand können die nachfolgenden möglich sein:
- Entwicklungsstörungen: Insbesondere bei Kindern können hormonelle Verunreinigungen im Wasser die normale Entwicklung stören.
- Reproduktive Gesundheitsprobleme: Hormone im Wasser können die Fruchtbarkeit beeinflussen und zu Gesundheitsproblemen führen.
- Hormonabhängige Krebserkrankungen: Einige Studien weisen darauf hin, dass hormonelle Verunreinigungen im Wasser das Risiko für bestimmte Krebsarten erhöhen können, die von Hormonen beeinflusst werden.
- Endokrine Störungen: Die Störung des endokrinen Systems kann zu einer Vielzahl von Gesundheitsproblemen führen, einschließlich Stoffwechselstörungen wie Diabetes.
Die Konzentration und die regelmäßige Exposition gegenüber Hormonen im Wasser sind entscheidende Faktoren für das Ausmaß des Risikos und die Schwere der Auswirkungen. Weitere Forschungen sind erforderlich, um ein besseres Verständnis der spezifischen Auswirkungen und der erforderlichen Maßnahmen zur Risikominderung zu erlangen.
Auswirkungen auf die Umwelt
Nicht nur auf uns Menschen können Hormone einige Auswirkungen haben. Die Umwelt kann durch Hormone auf unterschiedliche Art und Weiße beeinflusst werden, was indirekt auch wieder auf uns Menschen eine Auswirkung habe kann. Auf folgende Bereiche kann es negative Auswirkungen haben:
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Wildtierpopulationen: Hormonaktive Substanzen können die Fortpflanzung und Entwicklung von Wildtieren beeinträchtigen. Beispielsweise können Hormone, die ins Wasser gelangen, die Fortpflanzungsfähigkeit von Fischen und anderen aquatischen Organismen stören, was zu veränderten Geschlechterverhältnissen oder sogar zur Unfruchtbarkeit führen kann.
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Ökosysteme: Die Veränderung eines Teils des Ökosystems, wie die Fortpflanzung von Fischen, kann Kettenreaktionen auslösen, die das gesamte Ökosystem beeinflussen. Dies kann das Gleichgewicht der Artenvielfalt stören und die Funktionalität von Ökosystemen verändern.
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Wasserqualität: Hormone im Wasser, insbesondere in Gewässern in der Nähe von landwirtschaftlichen Betrieben oder städtischen Abwasseranlagen, können die Wasserqualität beeinträchtigen und damit die Gesundheit von Menschen und Tieren gefährden.
Unterschied zwischen Hormonen & hormonaktiven Substanzen
Im Zusammenhang mit Hormonen im Trinkwasser ist es wichtig den Unterschied zwischen diesen und den hormonaktiven Substanzen zu kennen. Obwohl sie ähnlich klingen, haben sie unterschiedliche Bedeutungen und Auswirkungen auf unseren Körper und unsere Umwelt. Einfach erklärt ist der Unterschied zwischen den beiden der folgende:
Hormone sind natürliche chemische Botenstoffe, die von Drüsen im Körper produziert werden. Sie reisen durch den Blutkreislauf und geben verschiedenen Organen und Geweben Anweisungen. Hormone sind für viele Prozesse im Körper wichtig, wie Wachstum, Stoffwechsel, Fortpflanzung und Stimmungsregulierung.
Hormonaktive Substanzen hingegen sind Chemikalien, die nicht natürlich im Körper vorkommen. Sie können von außen kommen, wie z.B. durch Medikamente, Pestizide oder Kunststoffe. Diese Substanzen können ähnliche Wirkungen wie natürliche Hormone haben, indem sie in den Körper gelangen und mit dem normalen Hormonsystem interagieren. Sie können die natürliche Funktion der Hormone imitieren, blockieren oder stören und so potenziell gesundheitliche Probleme verursachen.
Hormone im Trinkwasser erkennen
Um Hormone oder Hormonaktiven Substanzen im Trinkwasser zu erkennen sind spezielle wissenschaftliche Test erforderlich. Der Grund hierfür ist, dass Hormone dort nur in sehr geringer Konzentration vorhanden sind. Die beiden gängigsten Methoden für den Nachweis sind die folgenden:
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Liquid Chromatography-Mass Spectrometry (LC-MS): Diese Methode kombiniert Flüssigchromatographie, die Verbindungen aufgrund ihrer unterschiedlichen chemischen Eigenschaften trennt, mit Massenspektrometrie, die diese Verbindungen aufgrund ihrer Masse identifiziert. LC-MS ist besonders effektiv bei der Erkennung und Quantifizierung niedriger Konzentrationen von Hormonen im Wasser.
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Gaschromatographie-Massenspektrometrie (GC-MS): Ähnlich wie LC-MS, aber GC-MS verwendet Gaschromatographie zur Trennung von Substanzen. Diese Methode ist nützlich für die Analyse von flüchtigen und halbflüchtigen organischen Verbindungen.
Hormone im Mineralwasser
Hormonaktive Substanzen sind nicht nur im Leitungswasser zu finden, sondern auch in Flaschen-Mineralwasser, darunter Hormone wie Östrogen. Martin Wagner, Biologe an der Abteilung Aquatische Ökotoxikologie der Goethe-Universität Frankfurt am Main, untersuchte 20 verschiedene Mineralwassermarken und stellte interessante Befunde fest.
Die Forschung zeigte, dass insbesondere die Kombination verschiedener hormonaktiver Substanzen problematisch ist. In zwölf Mineralwasserproben wurden Chemikalien entdeckt, die den menschlichen Östrogenrezeptor aktivieren können. Martin Wagner erklärte in einem Interview, dass die Wirkung dieser Proben in den Mineralwässern dem Effekt von 18 mg natürlichem Östrogen pro Liter Wasser entspricht.
Auffallend oft waren Mineralwässer aus PET-Flaschen betroffen. Es wird vermutet, dass ein Teil der hormonellen Verunreinigung aus dem Kunststoff der Flaschen stammt, der Mikroplastik freisetzen kann. Hierbei ist besonders Bisphenol A, ein östrogenartig wirkender Stoff, problematisch. Eine ähnliche Studie aus der Schweiz, die ebenfalls Mineralwasser auf hormonelle Belastungen prüfte, erzielte vergleichbare Ergebnisse.
Hormone aus dem Trinkwasser entfernen
Bei der Entfernung von Hormonen aus dem Trinkwasser kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz. Aktivkohlefilter sind dabei eine verbreitete Methode, die auf der Adsorption von organischen Verunreinigungen an Aktivkohle basiert. Dieses Verfahren ist effektiv, um eine Vielzahl von Verunreinigungen zu beseitigen, allerdings kann seine Wirksamkeit bei bestimmten Hormonen variieren. Eine weitere Methode ist die Umkehrosmose, bei der eine semipermeable Membran verwendet wird, um fast alle Arten von Verunreinigungen, einschließlich Hormone, aus dem Wasser zu filtern. Dieses Verfahren gilt als besonders effektiv und zuverlässig. Destillation, bei der Wasser verdampft und der Dampf dann kondensiert wird, um Verunreinigungen zu entfernen, ist ebenfalls eine Option, aber sie ist energieintensiv und wird daher weniger häufig eingesetzt.
Im Gegensatz dazu ist der Ionenaustauscher, der Ionen im Wasser durch andere ersetzt, nicht ausreichend effektiv für die Entfernung von Hormonen. Obwohl er für bestimmte andere Verunreinigungen nützlich sein kann, ist er bei hormonellen Substanzen weniger wirksam. Daher ist es wichtig, die geeignetste Methode basierend auf der spezifischen Wasserqualität und den zu entfernenden Verunreinigungen auszuwählen.
Schlussfazit
Abschließend lässt sich sagen, dass das Thema Hormone im deutschen Trinkwasser eine wichtige Umwelt- und Gesundheitsfrage darstellt. Obwohl Hormone und hormonaktive Substanzen in der Regel nur in geringen Mengen im Wasser vorhanden sind, ist ihre potenzielle Wirkung auf den menschlichen Körper und die Umwelt nicht zu unterschätzen. Die Aufmerksamkeit sollte daher nicht nur auf die Reinigungstechnologien gerichtet werden, sondern auch auf die Präventionsmaßnahmen, insbesondere im Hinblick auf das korrekte Entsorgen von Medikamenten. Durch verantwortungsvolles Handeln und verbesserte Wasserreinigungsverfahren kann die Qualität des deutschen Trinkwassers weiterhin auf einem hohen Niveau gehalten und der Schutz der öffentlichen Gesundheit gewährleistet werden.